Kündigung

1. Beendigung des Arbeitsverhältnisses:

Neben einer Befristung, welche das Arbeitsverhältnis entweder durch eine Zeitbestimmung oder durch Wegfall oder Erreichung eines bestimmten Zwecks enden lässt,  gibt es weitere Möglichkeiten, wie ein Arbeitsverhältnis beendet werden kann.

In den meisten Fällen wird der Arbeitsvertrag durch eine Kündigung beendet oder es wird ein Aufhebungsvertrag geschlossen. In der Praxis hat die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber die größte Bedeutung.

a. Inhalt und Form der Kündigung
aa. Form und Inhalt

Die Kündigung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform gem. § 623 i.V.m § 126 BGB. Dies bedeutet, dass die Kündigung vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer bzw. einem gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertreter eigenhändig unterschrieben sein muss. Beim Fehlen der Unterschrift ist die Kündigung formell unwirksam. Die „im Auftrag“ unterschriebene Kündigung ist daher regelmäßig unwirksam, wenn nicht die Auslegung etwas anderes ergibt.

Achtung!: Auch die Übergabe einer Kopie der eigenhändig unterschriebenen Kündigung ist formell unwirksam. Es muss stets die Originalkündigung – das bedeutet das Kündigungsschreiben mit der tatsächlichen Unterschrift – zugehen.!

Wenn die Kündigung durch einen Bevollmächtigten unterschrieben wird, so muss die Vollmacht der Kündigungserklärung zwingend beigefügt sein. Wird dies unterlassen, kann der Kündigungsempfänger die Kündigung nach § 174 BGB unverzüglich zurückweisen. Die Zurückweisung ist dann unverzüglich, wenn sie regelmäßig innerhalb einer Woche nachweisbar gegenüber dem Arbeitgeber erfolgt (BAG 08.12.2011 – 6 AZR 354/10). Kommt es zu einer wirksamen und fristgerechten Zurückweisung ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam. Die Kündigung muss dann erneut ausgesprochen werden. Das gilt nicht, wenn der Vollmachtgeber den Gekündigten von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte, § 174 S. 2 BGB.

Der zu kündigende Arbeitnehmer soll im Kündigungsschreiben darauf hingewiesen werden, dass er sich spätestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder, wenn zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate liegen, innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden muss und eigene Aktivitäten bei der Suche nach einer Arbeitsstelle erforderlich sind, § 2 SGB III i.V.m. § 38 SGB III. Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung ist dies aber nicht. Dagegen ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Gekündigten zur Meldung bei der Agentur für Arbeit von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen, § 2 SGB III i. V. m. § 616 BGB.

Eine Angabe der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben ist üblicherweise nicht erforderlich. Bei einer außerordentlichen Kündigung kann der Gekündigte vom Kündigenden allerdings nach § 626 Abs. 2 BGB die unverzügliche schriftliche Mitteilung der Kündigungsgründe verlangen.

Eine Begründungspflicht besteht jedoch gegenüber einer Schwangeren gem. § 9 Mutterschutzgesetz (MuSchG) und gegenüber eines Auszubildenden nach Ablauf der Probezeit gem. § 22 Berufsbildungsgesetz (BBiG).

bb. Weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Kündigung

Zugang der Kündigung
Die Kündigung ist zwar eine einseitige Erklärung, die von der anderen Seite nicht angenommen werden muss, sie ist aber empfangsbedürftig. Das bedeutet, dass sie bei der gekündigten Partei zugehen muss. Ein solcher Zugang liegt vor, wenn die Kündigung in den Herrschaftsbereich des Kündigungsempfängers gelangt und dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Kündigung Kenntnis zu erlangen.

In vielen Streitigkeiten im Zusammenhang mit Kündigungen spielt der fristgerechte Zugang immer wieder eine entscheidende Rolle, denn wenn eine Kündigung nicht oder nicht rechtzeitig dem Kündigungsempfänger zugeht, kann sie das Arbeitsverhältnis nicht oder nicht zu dem beabsichtigten Zeitpunkt beenden. Die Kündigung muss also rechtzeitig in den Hausbriefkasten eingeworfen oder dem Empfänger übergeben werden. Dagegen reicht es nicht aus, wenn das Kündigungsschreiben rechtzeitig zur Post gegeben wird.

Deshalb empfehlen sich folgende Formen der Übergabe:

Übergabe am Arbeitsplatz:
Die persönliche Übergabe des Kündigungsschreibens am Arbeitsplatz sollte am besten vor Zeugen erfolgen, damit der Übergebende im Streitfall die Vernehmung der Zeugen als Beweis anbieten kann. Zudem sollte sich der Empfang des Schreibens vom Empfänger bestätigen lassen. Sollte sich der Kündigungsempfänger weigern, den Empfang zu bestätigen, so sollte alles genau dokumentiert werden.

Übergabe am Wohnsitz:
Bei der persönlichen Übergabe des Kündigungsschreibens am Wohnsitz ist zwischen verschiedenen Fällen zu unterscheiden:

  • Persönliche Übergabe:
    Wird der Kündigungsempfänger persönlich angetroffen, sollte sich der Bote den Erhalt der Kündigung mit einer Unterschrift bestätigen lassen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist dies unter Angabe von Datum, Ort und Uhrzeit zu dokumentieren. Dies gilt auch für den Fall, dass der Kündigungsempfänger die Entgegennahme ohne Grund verweigert. Denn in diesen Fällen gilt die Kündigung als im Zeitpunkt des Übergabeversuchs zugegangen, da der Empfänger den Zugang treuwidrig verhindert hat.
  • Übergabe an Dritte:
    Sollte der Kündigungsempfänger nicht persönlich angetroffen werden, kommt auch eine Übergabe an Dritte in Betracht, die an der Wohnungstür angetroffen werden. Ehegatten oder Mitbewohner können als Empfangsvertreter oder Empfangsboten angesehen werden. Bei Empfangsvertretern ist die Kündigung unmittelbar zugegangen. Bei den Boten erfolgt der Zugang durch die Übermittlung. Hierbei ist allerdings besondere Aufmerksamkeit geboten, denn im Streitfall kann sich später herausstellen, dass sich der vermeintliche Ehegatte oder Mitbewohner als Bekannte/r oder als Handwerker herausstellt oder noch minderjährig war und die Kündigung zu spät oder gar nicht weiter gegeben hat.
  • Übergabe an Abwesende:
    Kann die Kündigung nicht persönlich zugestellt werden, so ist das Schreiben in den Briefkasten des Kündigungsempfängers einzuwerfen. Der Zugang erfolgt dann, sobald mit der nächsten Leerung des Briefkastens zu rechnen ist. Hierbei kommt es auf die üblichen Postzustellzeiten an. Wird das Kündigungsschreiben zu einem späteren Zeitpunkt eingeworfen, ist die Kündigung erst am Folgetag zugegangen. Falls kein Briefkasten vorhanden oder der Einwurf nicht möglich ist, kann die Kündigung auch vollständig durch die Wohnungstür hindurch geschoben oder das geöffnete Fenster eingeworfen werden. Der Zugang der Kündigung erfolgt grundsätzlich auch bei urlaubsbedingter Abwesenheit, sogar wenn sie dem Kündigenden bekannt ist (BAG 22.3.2012, 2 AZR 224/11). In jedem Fall sollte schriftlich dokumentiert werden, wann und wo genau der Brief „abgelegt” wurde.
  • Zustellung durch die Post:
    Weniger aufwendiger, aber problematischer, ist die Zustellung per Post. Wegen der Beweisproblematik scheidet ein einfacher Brief aus. Ebenfalls nicht empfehlenswert ist eine Übermittlung per Übergabeeinschreiben (Einschreiben mit Rückschein). Hier erhält der Adressat eine Mitteilung vom Postboten, dass das Einschreiben bei der Post zur Abholung bereit liegt. Der Zugang erfolgt aber erst, wenn das Schreiben bei der Post abgeholt wird, da die Kündigung zuvor nicht in den Herrschaftsbereich gelangt ist. Zu diesem Zeitpunkt kann die Frist dann schon versäumt sein. In diesem Fall kann es auch passieren, dass das Schreiben gar nicht abgeholt und an den Absender zurückgesandt wird.
  • Übermittlung per Einwurfeinschreiben:
    Hier wirft der Postbote den Brief in den Briefkasten und erstellt einen Auslieferungsbeleg. Dieser wird später eingescannt und anschließend vernichtet. Ein Urkundenbeweis scheidet wegen der Zerstörung des Originalbelegs damit aus. Es ist aber ein erster Anschein für die Zustellung gesetzt.
  • Übermittlung per Fax oder per Email?
    ACHTUNG!: Eine Übermittlung einer Kündigung per Fax oder per Email oder als Emailanhang ist keinesfalls zu empfehlen, da eine solche die Schriftformerfordernis des § 623 BGB nicht erfüllen kann uns somit unwirksam ist.
b. Kündigung durch den Arbeitgeber
aa. Ordentliche Kündigung

Die meisten Arbeitgeber können das Arbeitsverhältnis  unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 1 BGB ordentlich mit einer 4-Wochen-Frist zum 15. eines Monats oder zum Ende des Monats kündigen,  soweit das Arbeitsverhältnis nicht länger als zwei Jahre besteht. Bei längerer Betriebszugehörigkeit hat der Gesetzgeber eine Staffelung der Kündigungsfristen geregelt:

Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden  – entgegen der gesetzlichen Regelung, die eine Altersdiskriminierung darstellt und deshalb europarechtswidrig (EuGH, Urteil vom 19. Januar 2010 – C-555/07 Kücükdeveci) ist – Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, sehr wohl berücksichtigt!

Achtung! Bei den Kündigungsfristen gibt es vielfältige Ausnahmen, beispielsweise bei Tarifverträgen oder bei Kleinunternehmen mit weniger als 20 Arbeitnehmers! Zudem können einzelvertraglich auch längere Kündigungsfristen vereinbart sein.

bb. Kündigungsschutzgesetz

Besonderheiten ergeben sich immer dann, wenn in dem Betrieb oder dem Unternehmen des Arbeitgebers das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.

Erforderlich ist nach § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), dass das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen länger als 6 Monate bestanden hat und der Betrieb die für die Geltung des Gesetzes nach § 23 KSchG notwendige Größe erreicht. Seit dem 1. Januar 2004 ist dies in Betrieben mit in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmern der Fall. Es gilt eine Übergangsregelung für Arbeitnehmer, die schon vor dem 1. Januar 2004 bei dem Arbeitgeber beschäftigt waren, da die Grenze der sogenannten Kleinbetriebsklausel bis dahin bei fünf Arbeitnehmern lag.

Die Anzahl der Arbeitnehmer ermittelt sich folgendermaßen:

Arbeitnehmer werden voll gezählt, wenn sie regelmäßig mehr als 30 Wochenstunden arbeiten. Arbeitnehmer, die bis einschließlich 20 Stunden arbeiten werden mit 0,50, Arbeitnehmer bis einschließlich 30 Stunden mit 0,75 berücksichtigt. Auszubildende werden nicht mitgezählt.

Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, kann der Arbeitgeber nur kündigen, wenn es für eine Kündigung Gründe gibt, die in der Person (personenbedingte Kündigung) oder im Verhalten (verhaltensbedingte Kündigung) des Arbeitnehmers liegen oder wenn eine solche Kündigung durch dringende betriebsbedingte Erfordernisse gerechtfertigt ist (betriebsbedingte Kündigung), § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Betriebsbedingte Kündigung

Der Arbeitgeber kann betriebsbedingt kündigen, wenn dringende betriebliche Erfordernisse dies gebieten, § 1 Abs. 2 KSchG. Diese Gründe liegen nur auf Seiten des Arbeitgebers, welche er aufgrund seiner Unternehmerentscheidung berücksichtigt. Dazu können der Abbau von Arbeitsplätzen sowie die komplette oder teilweise Betriebsstilllegung gehören.  Maßgeblich bei einer betriebsbedingten Kündigung ist demnach der Wegfall des Arbeitsplatzes. Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss regelmäßig eine vorherige Sozialauswahl unter den vergleichbaren Arbeitnehmern getroffen werden, § 1 Abs. 3 KSchG.

Verhaltensbedingte Kündigung

Bei einer verhaltensbedingten Kündigung kündigt der Arbeitgeber, weil er mit dem Verhalten des Arbeitnehmers nicht einverstanden ist. In diesem Fall liegen die Gründe der Kündigung in dem Verhalten des Arbeitnehmers. Als Gründe können regelmäßiger Zuspätkommen, Diebstahl und privates Nutzen des dienstlichen Internets in Betracht kommen. Vor der verhaltensbedingten Kündigung ist dem Arbeitnehmer regelmäßig eine Abmahnung auszusprechen (BAG 23.06.2009 – AZR 283/08). Dies ist nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen, wie beispielsweise Betrug oder Körperverletzungsdelikten gegenüber dem Arbeitgeber entbehrlich. Erst nach einem erneuten Pflichtverstoß kann die verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden.
Da die verhaltensbedingte Kündigung regelmäßig eine 12-wöchige Sperrzeit bei Arbeitslosengeld I auslöst, ist es wichtig, die Kündigung auf ihre Wirksamkeit überprüfen zu lassen.
Gerne stehe ich Ihnen bei Fragen rund um die Kündigung als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht zur Verfügung.

Personenbedingte Kündigung

Personenbedingte Gründe liegen in der Person des Arbeitnehmers, sie sind im Allgemeinen von ihm nicht zu beeinflussen. Eine vorherige Abmahnung ist deshalb nicht erforderlich.
Ein personenbedingter Grund liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann.
Beispiele für personenbedingte Gründe sind langandauernde Krankheit, häufige Kurzerkrankungen sowie der Entzug des Führerscheins bei Kraftfahrern.Ob ein personenbedingter Grund eine Kündigung rechtfertigt, hängt aber von weiteren Umständen, insbesondere einer Interessenabwägung im Einzelfall, ab.

Die Voraussetzungen sind:
Die personenbedingte Kündigung setzt zunächst voraus, dass der Arbeitnehmer objektiv die Befähigung oder die Eignung zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung verloren hat. Der Arbeitgeber stellt dies in Form einer negativen Prognose fest. Dabei kommt es auf die objektive Situation im Zeitpunkt der Kündigung an. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Nachforschungen vorzunehmen. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen. Es muss zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers kommen. Es darf keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen des Arbeitgebers geben. Gibt es dagegen beim Arbeitgeber die Möglichkeit, dass der betroffene Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz beschäftigt wird, auf dem sich die personenbedingte Veränderung des Arbeitnehmers nicht oder hinnehmbar bemerkbar machen würde, so scheidet eine personenbedingte Kündigung aus.

Es muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalles zu beachten. Seitens des Arbeitnehmers muss berücksichtigt werden, welche Dauer das bisherige Arbeitsverhältnis hatte und wie es sich bisher gestaltet hat. Weiter ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang und in welcher Art die individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitnehmers beeinträchtigt sind. Auf Seiten des Arbeitgebers ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang seine wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen beeinträchtigt sind und ob dies aufgrund der wirtschaftlichen Stellung des Arbeitgebers, noch hinnehmbar ist.Erst wenn nach Durchführung dieser Interesseabwägung festgestellt wird, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann, ist eine personenbedingte Kündigung zulässig.
Vor dem Ausspruch einer personenbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (sog. BEM) durchzuführen, § 84 Absatz 2 Sozialgesetzbuch 9 (SGB IX). Entgegen der systematischen Einordnung im Gesetz ist das betriebliche Eingliederungsmanagement nicht nur vor personenbedingten Kündigungen von schwerbehinderten Menschen durchzuführen, sondern generell bei allen Arbeitnehmern, denen eine personenbedingte Kündigung droht. Unternehmen sollen sich demnach für die Gesunderhaltung aller Mitarbeiter engagieren, die länger oder häufiger krank sind und deswegen am Arbeitsplatz mehr als 6 Wochen innerhalb eines Jahreszeitraumes fehlen. Unterlässt der Arbeitgeber das betriebliche Eingliederungsmanagement, führt dies jedoch nicht zur Unwirksamkeit der personenbedingten Kündigung. In einem Kündigungsschutzprozess trifft den Arbeitgeber aber eine erhöhte Darlegungslast. In diesem Fall darf er sich nicht darauf beschränken, pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer bzw. es gebe keine „freien Arbeitsplätze”, die der erkrankte Arbeitnehmer auf Grund seiner Erkrankung noch ausfüllen könne (BAG 12. Juli 2007 – 2 AZR 716/06).

Außerordentliche Kündigung des Arbeitsvertrags

Arbeitnehmer oder Arbeitgeber können bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gem. § 626 Abs. 1 BGB sowohl das befristete als auch das unbefristete Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

Wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB:
Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Wegen der besonderen Bedeutung in der Praxis soll im Folgenden vor allem die außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber behandelt werden.

Das Bundesarbeitsgericht prüft in ständiger Rechtsprechung das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB in zwei Stufen.

1.Stufe: Wichtiger Grund an sich:
Zunächst ist dabei zu klären, ob der angeführte Sachverhalt ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles geeignet ist, einen wichtigen Grund darzustellen. Dies ist der Fall, wenn die Einhaltung der Kündigungsfrist oder das Abwarten des vertraglich vereinbarten Endes des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Das Recht der fristlosen Kündigung ist überwiegend Fallrecht. Deshalb ist eine klare Aussage, ob ein Fehlverhalten einen wichtigen Grund darstellt, nur sehr selten möglich, ohne die Einzelheiten des konkreten Falles zu kennen. Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet wichtige Gründe nach dem Bereich, aus dem sie stammen:

  • Störungen im Leistungsbereich (z.B. Verweigerung der Arbeit, häufiges Zuspätkommen)
  • Gründe aus dem Bereich der betrieblichen Verbundenheit der Mitarbeiter (z.B. Verstöße gegen die Betriebsordnung und den Betriebsfrieden)
  • Störungen im persönlichen Vertrauensbereich (z.B. Diebstahl, Beleidigung, Unterschlagung) und
  • Störungen im Unternehmensbereich.

2. Stufe: Verhältnismäßigkeit
Die Unterscheidung spielt insbesondere eine Rolle bei der Frage, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor abzumahnen hat. Eine außerordentliche ist, genau wie auch eine ordentliche Kündigung nur dann rechtmäßig, wenn mildere Mittel nicht in Betracht kommen. Deshalb gelten die Ausführungen zur Abmahnung und dem betrieblichen Eingliederungsmanagement gem. § 84 Abs. 2 S. 1 SGB IX entsprechend.

Vorrang der Abmahnung
Der Abmahnung kommen mehrere Funktionen zu. Zum einen die Rüge des konkreten Fehlverhaltens unter Hinweis auf die bestehenden vertraglichen Pflichten (Hinweisfunktion und Rügefunktion). Der Arbeitgeber muss folglich konkrete und für den Arbeitnehmer erkennbare Beanstandungen vornehmen. Zum anderen fordert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Einhaltung seiner vertraglichen Pflichten für die Zukunft auf und droht ihm für den Wiederholungsfall mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen (Warnfunktion).
Verstößt der Arbeitnehmer trotz Abmahnung erneut gegen seine vertraglichen Pflichten, so kann der Arbeitgeber – nachdem er dem Arbeitnehmer hinreichend Zeit zur Korrektur des gerügten Verhaltens oder der gerügten Leistung gegeben hat – eine gleichartige Pflichtverletzung zum Anlass des Ausspruchs einer außerordentlichen Kündigung nehmen.

Bei einer Störung im Bereich des Leistungsbereichs ist regelmäßig von einer vorherigen Pflicht zur Abmahnung auszugehen. Dagegen bedarf es bei einer aufgrund einer schwerwiegender Pflichtverletzung endgültiger, nicht umkehrbarer schwerer Störung des Vertrauensverhältnisses keiner Abmahnung, da auch eine etwaige zukünftige Vertragstreue das zerstörte Vertrauen nicht mehr beseitigen kann. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist eine Abmahnung dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen konnte, dass der Arbeitgeber sein Verhalten auch nur ansatzweise tolerieren werde (BAG 25.10.2012 – 2 AZR 495/11). Das ist vor allem bei besonders schweren Verstößen, wie zu Lasten des Arbeitgebers begangener Straftaten, grundsätzlich zu bejahen. In diesen Fällen bedarf es der Warnfunktion einer Abmahnung nicht.

Vorrang der ordentlichen Kündigung
Ist im Einzelfall eine Abmahnung entbehrlich, kann jedoch eine ordentliche Kündigung gegenüber der außerordentlichen Kündigung das mildere Mittel sein. Dies ist immer dann der Fall, wenn unter Abwägung der beiderseitigen Interessen dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist noch zumutbar ist.

Interessenabwägung im Einzelfall
Bei der Interessenabwägung im Einzelfall muss geprüft werden, ob in der Vertragsbeziehung ein solcher Störungsgrad erreicht wurde, dass eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt ist. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist insbesondere dann unzumutbar, wenn eine erhebliche Vertragsstörung vorliegt, aus der sich eine Negativprognose ergibt und die so gewichtig ist, dass kein milderes Mittel in Betracht kommt.

Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB
Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt grundsätzlich nur zu laufen, wenn die zur Kündigung berechtigte Person Kenntnis von den maßgebenden Tatsachen hat. Für den Fristbeginn der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB kommt es grundsätzlich auf die positive Kenntnis des Kündigungsberechtigten an, im Sinne einer sicheren und vollständigen Kenntnis des Kündigungssachverhalts.

Ausschluss der ordentlichen und außerordentlichen Kündigung

Es gibt spezialgesetzliche Regelungen, die bestimmten Personengruppen einen speziellen Kündigungsschutz gewährleisten.

Insbesondere ist § 9 Mutterschutzgesetz (MuSchG) zu beachten, wonach Schwangere und Mütter bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung nicht gekündigt werden dürfen. Auch in der Elternzeit ist gem. § 18 Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz (BEEG) eine Kündigung unzulässig.  In besonderen Fällen kann die zuständige Behörde die Kündigung aber für zulässig erklären. Ein weiteres Beispiel ist der Datenschutzbeauftragte.

Zustimmungsbedürftigkeit:
Schwerbehinderte Arbeitnehmer
Eine außerordentliche Kündigung eines schwerbehinderten Menschen bedarf zu ihrer Wirksamkeit gem. §§ 91 Abs. 1, 85 SGB IX die vorherige Zustimmung des Inegrationsamtes.
Betriebsratsmitglieder
Der Betriebsrat muss bei der außerordentlichen Kündigung von Betriebsratsmitgliedern und Mitgliedern anderer betrieblicher Mitbestimmungsorgane zustimmen, § 103 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) i.V.m. § 15 KSchG. Sollte der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, so kann sie der Arbeitgeber arbeitsgerichtlich ersetzen lassen, § 103 Abs. 2 BetrVG.

Fristlose Kündigung und Arbeitslosengeld

Bei einer fristlosen Kündigung ruht gemäß § 159 SGB III für die Dauer einer Sperrzeit der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Deshalb empfiehlt es sich, eine fristlose Kündigung genau prüfen zu lassen. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass eine fristlose Kündigung nicht wirksam ist, sollte schon frühzeitig bei der Arbeitsagentur darauf hingewirkt werden, dass keine Sperrzeit verhängt wird. Ist eine solche bereits verhängt worden, sollte dagegen vorgegangen werden.

Sofern Sie eine Kündigung erhalten haben oder eine Kündigung aussprechen wollen, berate ich Sie umfassend und helfe ich Ihnen schnell bei der Durchsetzung ihrer Rechte als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht.

cc. Klagefrist von 3 Wochen

Gegen eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung kann sich der Arbeitnehmer nur innerhalb von 3 Wochen gerichtlich zur Wehr setzen (§ 4 KSchG).

Bei einer außerordentlichen Kündigung gilt gem. § 13 Abs. 1 S. 2 KSchG die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG. Beim Versäumen der 3 wöchigen Klagefrist gilt die außerordentliche Kündigung von Anfang an als rechtswirksam, §§ 13 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 7, 4 KSchG.

c. Kündigung durch den Arbeitgeber
aa. Ordentliche Kündigung

Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann jederzeit mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden, § 622 Abs. 1 BGB. Während einer vereinbarten Probezeit beträgt die Kündigungsfrist zwei Wochen, § 622 Abs. 3 BGB. Diese Fristen gelten immer dann, wenn im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag nichts anderes geregelt ist.

Bei befristeten Arbeitsverträgen ist die Regelung des § 15 Abs. 3 TzBfG zu berücksichtigen. Demnach ist eine ordentliche Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nur dann möglich, wenn dies einzelvertraglich oder in einem anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist.

bb. Außerordentliche Kündigung

Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis ebenso wie der Arbeitgeber ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Für die Kündigungsgründe ist der gleiche Maßstab anzulegen, wie bei der arbeitgeberseitigen außerordentlichen Kündigung. Insbesondere kann es notwendig sein, dass auch von Seiten des Arbeitnehmers zunächst eine Abmahnung ausgesprochen wird. Dies ist vor allem dann erforderlich, wenn der Arbeitgeber mit der Lohnzahlung in Rückstand geraten ist.

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cc. Aufhebungsvertrag

Ein Arbeitsverhältnis kann zu jedem Zeitpunkt ohne Rücksicht auf Kündigungsfristen oder Kündigungsschutzbestimmungen durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgelöst werden.

Der Aufhebungsvertrag muss gem. § 623 BGB ebenso wie die Kündigung für seine Wirksamkeit schriftlich geschlossen sein.

Beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages wirkt der Arbeitnehmer an der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit. Dadurch droht ihm gemäß § 144 Abs.1 Nr.1 SGB III eine mindestens zwölfwöchige Sperrzeit in der man kein Arbeitslosengeld erhält.

Eine Sperrzeit kann bei einem Aufhebungsvertrag vermieden werden, wenn der Arbeitgeber vor dem unterzeichnen des Aufhebungsvertrages eine betriebsbedingte Kündigung in Aussicht gestellt oder tatsächlich gekündigt hat und dem Arbeitnehmer eine Abfindung von mindestens 0,25 und höchstens 0,50 Gehältern pro Beschäftigungsjahr gezahlt wird. Zudem sind bestimmte weitere Formulierungen insbesondere zur Sozialauswahl im Aufhebungsvertrag ratsam. Allerdings halten sich nicht alle Arbeitsagenturen an die entsprechende Dienstanweisung ihrer vorgesetzten Bundesbehörde! Vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages sollten Sie daher unbedingt professionellen Rat bei einem Anwalt suchen!

Trotz der Drohung einer Sperrzeit kann es sinnvoll sein, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Dies gilt vor allem dann, wenn die vereinbarte Abfindung besonders hoch ist oder wenn zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits ein neuer Arbeitsvertrag in Aussicht steht oder bereits geschlossen worden ist. In Ausnahmefällen kann durch einen Aufhebungsvertrag eine außerordentliche fristlose Kündigung vermieden werden. Aber gerade in diesem Fall sollte auf den Inhalt und die Formulierung im Vertrag besonderes Augenmerk gelegt werden.

Nachdem der Aufhebungsvertrag vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterzeichnet worden ist, kann er nur noch in Ausnahmefällen angefochten werden. Deshalb ist es ratsam, sich vor dem Unterzeichnen rechtliche Beratung von einem Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuholen oder sich ein Widerrufsrecht im Vertrag vorzubehalten. Gerne stehe ich Ihnen bei Fragen zu einem Aufhebungsvertrag beratend zur Seite.

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